XV Edition GIZ Law Journal

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Die BedeutungderSDGs fürdas GIZ-Konzept

hier insbesondere das als Hauptziel genannte Access to Justice (AtoJ) in SDG 16. Denn die Förderung von AtoJ für Alle in einem Territorium mit gründlich durchgesetzten Herrschaftsansprüchen teilweise bis in die kleinsten Winkel ländlicher Regionen kann und muss sich an dem Leitbild von Rechtsstaatlichkeit orientieren. Dabei reicht als Referenzdokument schon die jeweilige Verfassung des Partnerlandes, so dass sich langatmige Definitionsstreitigkeiten über das, was Rechtsstaatlichkeit sein soll, erübrigen. Nach der bisherigen Praxis von Rechtsstaatsförderung in den oben genannten Regionen unterscheidet die GIZ verschiedene Interventionsebenen im Rechts- und Justizsystem. Das sind die Gesetzgebung, die Gesetzesanwendung, Vollstreckung und Rechtspopularisierung bzw. Rechtsverbreitung. Letztgenannte Ebene, die Rechtsverbreitung behandelt bei allen Förderungsmaßnahmen die direkte Förderung von AtoJ. Förderung von AtoJ und Rechtsstaatsförderung bilden damit keinen Gegensatz im GIZ-Förderungskonzept, vielmehr wurde der Förderungsbedarf von AtoJ schon von Anfang an seit Mitte der 90er Jahre mitgedacht und ist Teil des GIZ Rechtsstaatsförderungskonzeptes, mal mehr, mal weniger, je nach Phase des staatlichen Transformationsprozesses. Insofern haben die SDG für die aktuelle GIZ-Konzeption zur Förderung von Rechts- und Justizreformen für das aktuell bestehende Projektportfolio nur eine geringe Bedeutung. Die Frage nach der Relevanz der SDGs stellt sich allerdings anders, wenn man, wie die Wissenschaft, über „Räume begrenzter Staatlichkeit“ nachdenkt. Der Blick auf solche Territorien ist häufig der Blick aus der Perspektive der Rechtsstaatsförderung. Das ist für Fachplaner mit 2. Juristischen Staatsexamen naheliegend, macht das die Aufgabe einfach, ist aber eigentlich nicht die angemessene Perspektive für dieses Szenario. Zur Begründung muss zunächst klar sein,

Seit der Verabschiedung der Sustainable Development Goals – Agenda 2030 (SDG) ende 2015 wird auch darüber nachgedacht, was dies für das BMZ/GIZ Portfolio zur Förderung von Rechtsstaatlichkeit bedeutet. Fast alle Workstreams mit dem Thema „Rechtsstaatlichkeit“ wollen sich in den Fachverbünden mit der Frage befassen, was die SDG für Konzeption und Umsetzung von Vorhaben der Rechtsstaatsförderung bedeuten könnte. Der Artikel ist ein Beitrag zur Belebung der Diskussion. Rechtsstaatlichkeit 4 setzt Staatlichkeit voraus. Was aber istunterStaatlichkeitzuverstehen?Auchwennesdarüber verschiedene Ansichten gibt kann doch gesagt werden, dass hier ein territorial eingrenzbares Staatsgebiet eine Rolle spielt, zu dem ein Staatsvolk dazugehört, das sich regieren lässt oder regiert wird. Dazu gehört Macht, die innerhalb des Staatsgebiets monopolisiert ist, so dass der Machtinhaber (Parlament, Clan, Diktator, Politbüro, General) seinen Willen im ganzen Staatsterritorium gegenüber einzelnen oder gegenüber ganzen Gruppen notfalls mit Gewalt durchsetzen kann. Das heißt, wenn von Rechtsstaatlichkeit gesprochen wird, sind implizit und meist unbewusst immer die drei Elemente Staatsgebiet, Staatsvolk und Machtmonopol mitgedacht. Schaut man auf das GIZ Projektportfolio in diesem Förderbereich, dann sind diese Elemente in den meisten Partnerländern vorhanden und präsent. Dies gilt beispielsweise für die Staaten Zentralasiens, des Südkaukasus, den Staaten in Südosteuropa, den asiatischen Staaten China und Bangladesch. Hier wäre sogar zu sprechen von Räumen „unbegrenzter“ Staatlichkeit, d.h. oft wird staatliche Gewalt ohne Checks and Balances praktiziert. In der Einhegung dieser Unbegrenztheit von Herrschaft und Macht liegen dann auch die Interventionsfelder vieler Governance- und Justizvorhaben. Das hat natürlich Konsequenzen für die Beantwortung der Frage, welche Relevanz die SDGs für die konzeptionelle Weiterentwicklung des aktuellen GIZ Portfolios haben könnte. Maßgebend ist

zur Förderung von Recht und Justiz

By: Lothar Jahn

In 2017 Lothar Jahn wrote this article. Today, 5 years later, its relevance remains: the SDGs are still a necessity, and their fulfilment will only be achieved with the commitment of the entire international community. The conclusions of this article still are valid today. Enjoy the reread!

“Access to Justice exists if: - People, notably poor and vulnerable - Suffering from injustices - Have the ability - To make their grievances be listened to - And to obtain proper treatment of their grievances - By state or non-state institutions - Leading to redress of those injustices - On the basis of rules or principles of state law, religious lawor customary law - In accordance with the rule of law” 3

4 Was ist Rechtsstaatlichkeit? Kernelemente sind aus Sicht des BMZ: Alle Menschenrechte werden geachtet, geschützt und gewährleistet (Pflichtentrias); Staatliches Handeln darf nie gegen Recht und Gesetz verstoßen; Alle Bürgerinnen und Bürger sind rechtlich gleichgestellt; Bürgerinnen und Bürger haben Zugang zu einer unabhängigen und funktionierenden Justiz (access to justice); Die Macht staatlicher Institutionen wird durch Gewaltenteilung und gegenseitige Kontrolle von Organen und Institutionen begrenzt (checks and balances); Das Recht bietet einen klaren und verlässlichen Rahmen und darf insbesondere nicht rückwirkend geändert werden (Rückwirkungsverbot, Rechtssicherheit); Physische Gewalt und Zwangsmaßnahmen dürfen nur unter bestimmten und eng begrenzten Voraussetzungen angewendet werden und sind allein dem Staat vorbehalten (Gewaltmonopol).

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3 http://law.leiden.edu/organisation/metajuridica/vvi/research/access-to-justice/access-to-justice/the concept.html

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