XV Edition GIZ Law Journal
TANZANIA
AFRICAN UNION
Valuesand Pride inAfrica:
Feinheiten sind ihr auch nicht wichtig. Aber sie kann als Zeugin vor Gericht mit leiser und fester Stimme erzählen, wie das Handeln des Staates Kenia ihr Leben verändert hat. Sie gehört zu den Ogiek, ein indigenes Volk, für die überwiegend das Waldgebiet Mau in Kenia Lebensraum und Grundlage ihrer Kultur darstellt. 2009 stellte die kenianische Waldbehörde eine Räumungsaufforderung zu, wonach die Ogiek und andere Siedler das Waldgebiet binnen 30 Tagen verlassen mussten. Mit dieser Maßnahme soll die Entwaldung der Naturschutzzone durch Besiedelung verhindert werden. Seit 1997 versuchen die Ogiek ihr Gebiet durch die kenianischen Instanzen zurück zu erhalten. Die Betroffenen wandten sich schließlich über eine Nichtregierungsorganisationen an die Afrikanische Menschenrechtskommission in Banjul/ Gambia. Die – rechtlich allerdings nicht bindende - Entscheidung der Kommission wurde von Kenia nicht umgesetzt. Ein Fall für den Menschenrechtsgerichtshof? Grundsätzlich ja. Problematisch ist allerdings, dass Individuen und Nichtregierungsorganisationen nur dann Fälle an den Gerichtshof bringen können, wenn ihr Land eine Sondererklärung abgegeben hat und damit solche Individualklagen gestattet. Das ist bisher nur in sieben (Burkina Faso, Ghana, Mali, Malawi, Ruanda, Elfenbeinküste und Tansania) von den 28 Staaten, die den Gerichtshof durch Ratifizierung des Protokolls anerkannt haben, der Fall. Der Fall gelangte trotzdem vor den Gerichtshof, weil die Afrikanische Menschenrechtskommission auch als Klägerin auftreten kann. Mit der Klage wurde beantragt, die Aussiedlung der Ogiek aus ihrem Waldgebiet durch den Staat zu beenden, jeglichen staatlichen Druck in dieser Richtung zu unterlassen, das Gebiet als historisches Land der Ogiek anzuerkennen und diese mit einem kollektiven Eigentumstitel auszustatten, sowie zu entschädigen. Ende 2014 fand die mündliche Verhandlung vor dem Afrikanischen Menschenrechtsgerichtshof statt, zu der 25 Vertreter der Ogiek angereist sind.
„Habt Ihr nicht Handys und geht zur Kirche?“, fragen die Vertreter Kenias um zu demonstrieren, dass das Ogiek-Volk bereits vorher viele seiner kulturellen Eigenheiten aufgegeben habe. Die Kollektivrechte indigener Voelker sind zwar international verankert, auch in der Afrikanischen Menschenrechtscharta, aber die Anwendung fällt Juristen schwer. Die Menschenrechtskommission erläutert das Recht auf kulturelle Selbstbestimmung und die Staatenpflicht, Eingriffe nur nach vorheriger und freier Einbeziehung der betroffenen Voelker durchzuführen. Eine Sachverständige erläutert, dass die Ogiek das Ökosystem Wald viel besser verwalten könnten als eine staatliche Behörde oder andere Institutionen. Ein Zeuge, Patrick Kuresoi, stellt dar, wie fremde Siedler nach der Aussiedlung Eigentumstitel erlangt haben und nun im Wald leben. Nach zwei Tagen Verhandlung ziehen sich die Richter zurück. Die Ogiek-Vertreter packen ihre Sachen zusammen und verlassen den Verhandlungssaal – mit Hoffnung. Eine Entscheidung wird in den nächsten Monaten erwartet. Die Zukunft des Gerichts UmsichbeiderafrikanischenBevölkerungalsAdressat für die Behandlung von Menschenrechtsverletzungen im Bewusstsein zu etablieren, muss der Zugang zum Gerichtshof sehr viel weiter werden. Dafür braucht es noch mehr Staaten, die den Gerichtshof durch Ratifizierung des Errichtungsprotokolls anerkennen und durch eine Sondererklärung Individuen und Nichtregierungsorganisationen den Weg nach Arusha eröffnen. Dass eine funktionierende Justiz und der Schutz von Menschenrechten für nachhaltige Entwicklung eine wichtige Voraussetzung darstellt, haben die Mitgliedsstaaten der AU durch die RatifizierungderkontinentalenMenschenrechtscharta schon vor Jahrzehnten anerkannt. Eine formelle Anerkennung des Menschenrechtsgerichtshofs bietet den afrikanischen Mitgliedsstaaten nun die Chance, die selbst geschaffene Rechenschaftspflicht Realität werden zu lassen.
Recent developments in the African Human Rights System
By: Karin Pluberg, Marlitt Brandes and Maximilian Schülling
Having served in different context and projects in the sector Rule of Law and Human Rights and looking back on those past 10 years, some elements in my work were recurrent while others newly emerged. Among the recurrent elements are universal sets like the SDGs which have served as useful guiding principles for development cooperation ever since they came into effect in 2015; and they still constitute a sound basis for designing projects and measuring development efforts. Both in a bilateral, rather small and unique context like Kosovo and in a regional supranational organization like the African Union, it was fascinating to observe from close by how SDG 16 actually unfolded in both contexts with similar challenges: from building up stronger institutions from inside through technical support to reaching a joint understanding about the mandate of public institutions in terms of citizen-friendly and transparent service delivery while taking into account the sometimes deeply rooted mistrust of citizens in their public, especially judicial, institutions – the latter aspect going far beyond the wording of SDG 16, it actually revealed to be one of the greatest challenges on the way to achieving the goal of fair and just societies. Among the newly emerged topics at the horizon, one is particularly alarming: it is the discussion around values and whether certain sets of values exclude the enjoyment of Human Rights for all. The debate shows a level of resistance against the globally so much desired goal of building up inclusive societies. As for the Balkans, the region remains fragile and the road towards an EU accession is probably not the only pathway anymore, as the values of liberal democracies are being questioned and put under threat, also from within the European Union. As for the African continent, recent developments seem to allege that provisions around constitutional law and the enforceability of rights seem to be not applicable to certain groups of societies, hampering their enjoyment of Human Rights and questioning the very principle of universality. While global interconnected crises - the pandemic, climate change and armed conflicts - are putting the achievements of international development cooperation in danger, also GIZ has to scale up to find lasting solutions. Looking at our portfolio, projects supporting a more equal access to justice for all and the enactment of Human Rights legislation have been increasing considerably over the past years and are more and more interlinked with other sectors in a cross-disciplinary manner - this only shows how closely connected rule of law, human rights and development are as necessary preconditions for a sustainable change towards peace and justice altogether. Karin Pluberg
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