XV Edition GIZ Law Journal

ORGANIZATION OF THE AMERICAN STATES

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Der Orientierungsrahmen für den digitalen Wandel in der GIZ 2015-2018 macht darauf aufmerksam, dass der zunehmende Einsatz digitaler Technologien in allen Lebensbereichen große Veränderungen mit sich bringt, die sowohl mit Chancen, als auch mit Herausforderungen verbunden sind. Hierzu kann allerdings nicht nur der Einsatz digitaler Technologien bei der Leistungserbringung gehören. Die wirkliche Herausforderung besteht darin, die sich aus diesen Veränderungen ergebenen sozialenKonfliktpotenziale zu begreifen, die sich mehr und mehr auch auf die Entwicklungszusammenarbeit auswirken werden. Entwicklungen Am 20. August 2011 erschien im Wall Street Journal ein Artikel mit dem Titel „Why Software Is Eating the World“ 82 , der, vielzitiert 83 , zum Sinnbild einer Entwicklung geworden ist, die noch heute andauert. Der Autor, Marc Andreesen, beschreibt darin, wie auf Software basierende Unternehmen allmählich klassische Unternehmen kaufen und übernehmen konnten, bzw. wie klassische Unternehmen sich zu Software-Unternehmen wandeln mussten, um zu bestehen. Dies gelte beispielsweise für Time Warner, das imWettbewerbmit demweltgrößten Videovertrieb Netflix zunehmend zu einem Software-Unternehmen mutiert ist. Auch der weltgrößte Buchhandel Amazon ist in erster Linie ein Software-Unternehmen. Dies ist, laut Andreesen, dadurch möglich geworden, dass klassische Buchhandelsunternehmen den Online-Handel mit Büchern als nicht gewinnbringend ansahen und die Wachstumschancen falsch einschätzten. Gleiches gilt für den Online-Musik Vertrieb, wo heute Unternehmen wie Apples iTunes und Spotify dominieren. Disney war gezwungen Pixar zu erwerben, um das heute erforderliche In-House Know-How zu entwickeln, usw.

Der Einsatz digitaler Technologien hat zu einer Zerrüttung im Governancebereich geführt. 87 Nationale Sicherheit und auch Menschenrechte müssen im digitalen Zeitalter neu verstanden werden. Denn die Datensammlungen machen nicht an nationalen Grenzen Halt. Die Verantwortlichkeiten werden diffus. 88 Bei der „Fütterung“ der Algorithmen mit den Informationen aus den Datensammlungen fällt insbesondere die Tatsache ins Gewicht, dass die dabei verwendeten Daten aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang gerissen 89 und neu kombiniert werden. Analysesoftware ist daher (lediglich) in der Lage, Korrelationen herzustellen, aber nie einen kompletten Lebenssachverhalt abzubilden. Die daraus zwangsweise folgenden fehlerhaften Ergebnisse können für Betroffene unvorhersehbare Folgen haben. 90 Das Spannungsverhältnis zwischen digitalen Technologien und Menschenrechten Die Entwicklung der digitalen Technologien verläuft derart rasant, dass die öffentliche Debatte um ihre Auswirkungen auf die Menschenrechte kaum mithalten kann. 91 - Schutz der Privatsphäre Die weitentwickelten Methoden und Möglichkeiten, aus vorhandenen Daten, neues Wissen zu generieren, relativieren das Recht auf Privatsphäre und den damit im Zusammenhang stehenden

Datenschutz. Kernelemente des Datenschutzes, wie Datensparsamkeit und Zweckbindung verlieren im Zeitalter des Big Data an Bedeutung, da sie kaum wirksam durchzusetzen sind, ohne von immer wichtigerwerdenden,sozialwirkmächtigen„Diensten“ ausgeschlossen zu werden. Datensparsamkeit ist individuell kaum mehr steuerbar, da die Erhebung und Speicherung von Daten im Hintergrund der Dienste läuft und der Nutzer hiervon lediglich dann Kenntnis erlangt, wenn er sich die Mühe macht, die den meisten Diensten zugrunde liegenden Geschäfts- und Datenschutzbestimmungen durchzulesen. Der Zugriff auf viele Webseiten ist oftmals nur dann möglich, wenn die Speicherung von Cookies aktiviert, also das „tracking“ erlaubt wird. Für die Anbieter von Online-Diensten ist die Erhebung von persönlichen Daten eine willkommene zusätzliche Einnahmequelle, da sie an sog. Daten-Broker 92 weiterverkauft werden können. Personalisierte Auspreisung wie z.B. bei Online-Hotel- oder Flugbuchungen oder generell bei Online-Käufen ist ohne aggregierte nutzerspezifische Information nicht denkbar. Gleiches gilt für personalisierte Werbung. 93 Noch schwieriger ist es eine strenge Zweckbindung der Daten an ihren ursprünglichen Erhebungszweck zu gewährleisten. Die Begehrlichkeiten staatlicher wie auch privater Dienste sind schlicht zu groß. An der Debatte um die Vorratsdatenspeicherung ist dies gut nachzuverfolgen. 94 Dem liegt die falsche Überzeugung zu Grunde, dass mehr Daten auch mehr Gewissheit bieten.

Software transformiert jedoch nicht nur die Medienindustrie. Software ist ein wichtiges Element in der Verhaltenssteuerung von Menschen geworden. Grundlage dieser Entwicklung ist die durch den Einsatz digitaler Technologien vorangetriebene massive Ausweitung der Möglichkeiten, Daten zu nutzen, zu verarbeiten und neu zu kombinieren. Auf der einen Seite stehen dabei die unter dem Begriff „Big Data“ zusammengefassten riesigen Datensammlungen der Gegenwart und auf der anderen Seite „Algorithmen“ 84 , die als eine Folge von Anweisungen, die den Zweck haben, ein bestimmtes Problem zu lösen oder ein bestimmtes Ergebnis herbeizuführen, verstanden werden können. Datensammlungen entstehen heute bei jeder Gelegenheit: bei der Telekommunikation (Metadaten und Standortdaten bei der Telefonnutzung, Skype-Gespräche, E-Mail-Verkehr, Cloud-Services), beim Einkauf (Nutzung der Bank- oder Kreditkarten, Online-Käufe, Kundenkarten, Flugreisen, Bonus Programme), beimKonsumvonMusik, TV und Videos (iTunes, Spotify, Soundcloud, Netflix, SmartTv´s), ganz besonders bei der Nutzung sog. Sozialer Medien (Whatsapp, Facebook, Instagram, Twitter, Waze), der Internetnutzung im allgemeinen (Google, Bing, Cookies) und der Nutzung von sog. smarten Geräten. 85 Die schier unendlichen Möglichkeiten der Informationsgewinnung, die die Anwendung von Algorithmen auf die Datensammlungen haben, bringen allerdings sowohl neue Vorteile als auch neue Vulnerabilitäten hervor. Inhaltlich bringt der englische Begriff des „Data-harvesting“ die Problematik auf den Punkt, da er ein anschauliches Bild der aktuellen Realität zeichnet. ImMai 2013 haben die Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden der ganzen Welt vor Augen geführt, wozu Big Data und Algorithmen in der Lage sind. 86

86 NSA Prism program taps in to user data of Apple, Google and others, The guardian vom 7.6.2013, https://www.theguardian.com/world/2013/jun/06/ us-tech-giants-nsa-data 87 Eileen Donahoe, So Software Has Eaten the World: What Does It Mean for Human Rights, Security & Governance?, Just Security, vom 18.3.2016 S.1 88 Omer Tene, Jules Polonetsky, Judged by the Tin Man: Individual Rights in the Age of Big Data, Journal of Telecommunications and High Technology Law Nr. 11 (2013), S. 352 89 Ben Wagner, Draft Report on the Human Rights Dimensions of Algorithms, S. 13 90 Omer Tene, Jules Polonetsky, Judged by the Tin Man: Individual Rights in the Age of Big Data, Journal of Telecommunications and High Technology Law Nr. 11 (2013), S. 354 91 Eileen Donahoe, Digital Disruption of Human Rights, Just Security vom 25.3.2016, S.1

81 https://www.weforum.org/agenda/2022/05/nearly-3-billion-people-are-offline-how-to-bridge-the-digital-divide/ 82 Marc Andreesen, “Why Software Is Eating the World”, Wall Street Journal vom 20.8.2011

83 U. a. Eileen Donahoe, So Software Has Eaten the World: What Does It Mean for Human Rights, Security & Governance?, Just Security, vom 18.3.2016 S.1; sowie Ben Wagner, Draft Report on the Human Rights Dimensions of Algorithms, Committee of experts in Internet Intermediaries, Council of Europe, Frankfurt/Oder, vom 12. 9. 2016, S. 3 84 Ben Wagner, Draft Report on the Human Rights Dimensions of Algorithms, S. 4 85 Eileen Donahoe, So Software Has Eaten the World: What Does It Mean for Human Rights, Security & Governance?, Just Security, vom 18.3.2016 S.5

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92 https://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article117098272/Was-die-Datenbroker-alles-ueber-uns-wissen.html 93 Siehe z.B. das Amazon-Partnerprogramm. https://partnernet.amazon.de/gp/associates/join/landing/