XV Edition GIZ Law Journal

ORGANIZATION OF THE AMERICAN STATES

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Auslegung des nationalen Rechts erlauben und damit zu einer fortschrittlichen Entwicklung des regionalen Rechts beitragen könnten Der Interamerikanische Menschenrechtsgerichtshof (IAMRGh)verpflichtetdienationalenGerichtsbarkeiten, das nationale Rechts konventionskonformauszulegen, bietet dazu aber noch nicht die nötigen Instrumente an. SeineRechtsprechungiststarkfallorientiertundnicht in erforderlicher Weise systematisiert, um die nationalen Gerichte effektiv zu einer konventionskonformen Auslegung des nationalen Rechts anregen zu können. Fehlende Rechtsstandards führen dazu, dass die Leistungen des Justizsystems als Service-Leistungen wahrgenommen und nicht als Ausdruck eines Rechtsanspruchs aufgefasst werden. Dadurch wird das Recht weiter entkernt, da Träger subjektiver Rechte in Bittsteller verwandelt werden. 72 c. Rechtspolitik fehlt These 3: Es fehlt auch eine Rechts- und Justizpolitik 73 , die darauf hinwirkt, insbesondere den menschenrechtlichen Verpflichtungen bei der Rechtsanwendung nachzukommen und Anstöße für die menschenrechtskonforme Auslegung und Entwicklung des Rechts zu geben. Solange eine der Substanz nach menschenrechtskonforme Auslegung des Rechts nicht vorgenommen wird und sich der politische Wille, eine Rechtsanwendung in diesem Sinne voranzutreiben nicht materialisiert, werden geschriebenes Recht und die justizielle Realität weiter auseinander gehen. Das Recht kann nur dann zur Überwindung sozialer Exklusion beitragen, wenn es ernst genommen wird. Hierzu bedarf es einer Bestandsaufnahme des bestehenden Rechts und

kohärenter Strategien auf der politischen Ebene. D.Lösungsansätze (Was ist zu tun?) a.Institutioneller Ansatz 74 Der institutionelle Ansatz besteht darin, bei der Verbesserung des Zugangs zu Recht auf Verfahrensreformen, insbesondere zur Verfahrensbeschleunigung, und Verbesserungen bei der „Erbringung von Justizdienstleistungen“ zu setzen. In diesem Sinne sollen z.B. Menschen, die die jeweilige Landessprache nicht oder unzureichend sprechen (Indigene, Migranten) Dolmetscher zur Seite gestellt werden, wirtschaftlich benachteiligte Personen einen kostenlosen Rechtsbeistand erhalten und es sollen Anstrengungen unternommen werden, frauenspezifische Diskriminierungen abzubauen. Zum institutionellen Ansatz gehören auch allgemein die Richterfortbildung, die Förderung ethischer Standards zur Korruptionsbekämpfung und die Abschaffung unnötiger Formalismen. Zu diesem Ansatz zu zählen sind auch jene Initiativen, die auf verstärkte Aufklärung der Bevölkerung über ihre Rechte setzen. Die auf dem institutionellen Ansatz basierenden Beiträge stellen darauf ab, bestehende Zugangshindernisse abzuschwächen und langfristig zu beseitigen. Der institutionelle Ansatz verträgt sich sowohl mit einem service-orientierten, als auch mit einem menschenrechtsorientierten Verständnis des Zugangs zu Recht. b. Integraler Ansatz 75 Der integrale Ansatz geht über den institutionellen Ansatz insoweit hinaus, als dass er ihn um alternative, insbesondere traditionelle oder

indigene Streitbeilegungsmechanismen ergänzt. Die geografische und kulturelle Nähe kommunaler Justiz zu benachteiligten Bevölkerungsgruppen auf dem Land soll bestehende Barrieren überwinden und dadurch den Zugang zum Recht verbessern. Mediation und außergerichtliche Streitbeilegungsmechanismen sollen insbesondere die Kostenlast juristischer Auseinandersetzungen senken. c. Menschenrechtsbasierter Ansatz 76 Um die Exklusion breiter Bevölkerungsschichten vom Zugang zu Recht wirksam zu überwinden, müssen jene Ansätze verfolgt werden, die den Menschen

als Träger subjektiver Rechte begreifen und die Entwicklung des Rechts und der Justiz durch neue Methoden voranbringen können. Institutioneller und integraler Ansatz tragen zum Abbau von Zugangshindernissen bei und verbessern die Möglichkeiten benachteiligter Bevölkerungsgruppen, sich an ein Gericht zu wenden und ihr Anliegen vorzutragen. Beide Ansätze sind deshalb von großer Bedeutung. Die Probleme und Konflikte der Menschen werden damit aber nicht zwangsläufig wirksamer gelöst. Dies kann nur dann gelingen, wenn die Menschen ernsthaft als Träger und Inhaber von subjektiven Rechten behandelt werden. Hierzu muss die

72 Hierzu: Cumbrejudicial Iberoamericana, Acceso a la Justicia, Lineamientos para una guía de buenas prácticas, 2007, S. 9 (http://www.cumbrejudicial. org/c/document_library/get_file?p_l_id=76850&folderId=71898&name=DLFE-3127.pdf) 73 Diego Younes Moreno, Hacia el mejoramiento del acceso a la justicia, Bogotá 2014, S. 69 ff. 74 Siehe hierzu die Ausführungen in: UNDP, Manual de políticas públicas para el acceso a la justicia, Buenos Aires, 2005, S.7, wo darauf hingewiesen wird, dass dieser Ansatz allein das bestehende Justizsystem im Blick hat und dessen Leistungsfähigkeit vor allem mittels verstärkter Aus-und Fortbildung, Reorganisierung des Justizapparates und höheren Justizausgaben zu verbessern sucht. 75 La Rosa, El acceso a la justicia como condición para una reforma judicial en serio, Revista Derecho Nr. 62, Pontificia Universidad Católica del Perú, 2009, S. 118 ff.

76 Zum Begriff: UNDP, Programming for Justice: Access for all – A Practitioner´s Guide to a Human Rights-Based Approach to Access to Justice, Bangkok, 2005, S. 3

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